ExBerater schrieb am 21.08.2022:
Habe so das Gefühl, dass wir das hier beschriebene "Problem" in den nächsten 20 Jahren verstärkt sehen werden.
Aus meiner Sicht sind die Gehälter in bestimmten Funktionen für bestimmte Leute in den letzten Jahren völlig durch die Decke gegangen. Damit meine ich vor allem Positionen ohne jede Führungsverantwortung, zumeist in Konzernzentralen, und zumeist mit einem "Projekt" oder "Strategie“ Fokus.
Aus meiner Sicht ein schwammiger Beitrag, der mehrere logische Fehler macht.
ExBerater schrieb am 21.08.2022:
- Die irre Schwemme an Ex-Beratern die man sich ins Haus geholt hat unter Missachtung der üblichen Gehaltsstruktur, und das nicht selten durch andere Ex-Berater die nun Bereichsleiter sind oder gar im Top Management sitzen
Gehälter werden aber nicht nur nach "üblichen Gehaltsstrukturen" gebildet, sondern zumindest teilweise auch nach Angebot und Nachfrage. Das "Angebot" an Arbeitnehmern mit einem Profil für solche Stellen ist eben so gelagert, dass man ihnen ein besseres Gehalt als anderen Arbeitsgruppen zahlen muss.
ExBerater schrieb am 21.08.2022:
- Der eingeredete "war for talent". Man hat teilweise das Gefühl, je größer das Unternehmen desto weniger Ahnung hat das Management von dem was das Unternehmen braucht, und deshalb war man bereit jedem der Excel und Powerpoint bedienen kann, nach 2-4 Jahren 100k zu geben (während ganz klar die Unternehmen auch ohne all diese Leute produzieren könnten und nicht schlechter dastehen würden)
Könnten die Unternehmen ohne diese Leute produzieren? Klar, diese Leute haben ja selten operative Rollen. Stünden die Unternehmen ohne besser da? Das ist eine Hypothese von dir, und du lieferst kein Argument, warum dem so sein sollte.
Aus meiner Sicht internalisieren die Konzerne durch ihre Strategieabteilungen Beratungsleistungen. Für die Leistung eines einigermaßen erfahrenen Beraters (3-4 Jahre Berufserfahrung) zahlt man, wenn man sich MBB/T2 ins Haus holt, als Unternehmen mal gerne 4k pro Tag. Die hohen Gehälter werden dadurch relativiert.
Dass alle größeren Unternehmen denselben Fehler machen, sich größere Strategieabteilungen zuzulegen, die das Unternehmen Geld kosten, ohne dass sie zum Unternehmenserfolg beitragen, darf doch bezweifelt werden.
ExBerater schrieb am 21.08.2022:
Es kommt noch hinzu, dass diese recht jungen Leute mit diesen Gehältern ja aus den Generationen kommen, die aufgewachsen sind in dem Glauben, dass sie nicht nur alles erreichen können, sondern es ihnen auch ohne große Anstrengungen zusteht.
Das ist doch Boomersprech "-die Jugend von heute". Ganz ehrlich, die Leute, die 3-4 Jahre in einer größeren Beratung überleben, haben in aller Regel zur Genüge gezeigt, dass sie zu "Anstrengungen" bereit sind.
ExBerater schrieb am 21.08.2022:
All das vor dem Hintergrund der stagnierenden Gesamtlöhne (oder eher fallende Reallöhne) hat zu einer Entkoppelung der echten Leistungserbringer von denen, die sich dafür auf die Schulter klopfen und es sich gut bezahlen lassen, geführt.
Dass die Reallöhne für den dt. Durchschnittsverdiener mittlerweile im tiefen Fall sind hat ganz andere Ursachen (Stichwort Weichwährung Euro - und das schon seit Jahrzehnten - in einer Exportnation profitieren die Arbeitnehmer u.a. eben auch durch die Aufwertung ihrer Wertung vom Leistungsbilanzüberschuss; von der Entkoppelung von Wechselkurs und Leistungsbilanzüberschuss profitieren ausschließlich die Shareholder der Unternehmen). Wie gesagt - dass die Löhne von Stabs-/Strategiestellen davon entkoppelt sind, liegt eben daran, dass man Mitarbeiter mit dieser Qualifikation nur mit höherem Gehalt bekommt. Die schlechter zu bezahlen, "weil sich das so gehört" nützt dem Ingenieur gar nichts.
Abgesehen davon stört mich die verzerrte Einteilung in "Leistungsträger" und, naja, "Parasiten". Das ist doch populistischer und unreflektierter Unsinn.
ExBerater schrieb am 21.08.2022:
Bin da gespannt wie es weiter geht. Entweder wir bewegen uns weiter auf amerikanische Verhältnisse zu mit dem Risiko eines wachsenden sozialen Unfriedens, oder wir kehren diese Entwicklung langsam um. Bezeichnend ist, dass die Firmen, die deutschlands Erfolgsmodell ausmachen, solche Entwicklungen oft nicht aufweisen (Mittelstand, Hidden Champions)
Tun wir eh, weil man mit normaler Arbeit nicht mehr wirklich wohlhabend/ vermögend werden kann - wegen der immensen Abgabenlast, wegen der sehr teuren Preise für alle Anlageklassen, wegen der niedrigen Real-Bruttolöhne. Vermögen sind in den letzten Jahrzehnten viel stärker gewachen als die Löhne - dieses gekündigte Aufstiegsversprechen birgt viel mehr Konfliktpotential.
Die amerikanischen Verhältnisse bekommen wir nicht, weil ein paar Strategie-Mitarbeiter mehr verdienen als der Rest. Sondern weil die gesamtgesellschaftlichen, ökonomischen Richtungsstellungen der letzten zwei Jahrzehnte katastrophal waren und unsere aktuelle Politik alles daran setzt, diesen Trend zu verschlimmern.
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