Wie geht ihr mit dem Gehalt-Gap um?
Hallo liebe Community,
Ich habe Mitte letzten Jahres in eine mittelständische Kanzlei gewechselt (WP-Bereich). Bin seit 8 Jahren in WP-Bereich dabei, habe vor 4 Jahren StB gemacht und stehe aktuell kurz vor dem WP-Examen: noch nur ein letztes Modul fehlt bis zum Titel, der ist für Sommer/Herbst dieses Jahres geplant, so dass wenn alles nach Plan läuft, könnte ich Anfang 2025 zum WP bestellt werden.
Meine Wechselmotivation war unter anderem Aufgaben im WP-Bereich. Die Aufgaben in der neuen Kanzlei passen auch. Das Team ist nett, mit den Vorgesetzten komme ich gut klar. Kanzlei ist im Wandel, vieles ist noch nicht perfekt, aber man kann sich in vielen Bereichen einbringen. Das Einzige, was mich vielleicht nicht besonders gefällt, ist die Anzahl der Berufsanfänger, die man mir zu „Mitbetreuung“ bzw. „Mit-Einarbeitung“ anvertraut hat – für mein persönliches Wohlbefinden etwas zu viele Berufsanfänger für eine Person auf einmal, aber irgendeiner muss ja sich auch um Nachwuchs kümmern, insofern ok.
Jetzt ist es so, dass ich bei den Gehaltsverhandlungen nicht besonders stark bin. Als wir den Vertrag abgeschlossen haben, habe ich auch nicht so richtig verhandelt. Ich habe gebeten um die Abgabe eines fairen Angebotes. Das durch die Kanzlei vorgeschlagene Gehalt (k 75) war laut kurzer Internet-Recherche in einer angemessenen Spanne und die Aufgaben und ggf. Perspektiven beim Kanzleiwechsel hatten für mich deutlich höheres Prio. Bei dem Gehalt ging ich davon aus, dass das durch die Kanzlei gemachte Angebot fair ist. Ich habe auch damals bei den Verhandlungen den Eindruck bekommen, dass die Kanzlei darauf achtet, dass bei den Berufsträgern kein besonderer GAP in den Gehältern entsteht – was für mich nachvollziehbar war, weiter hinterfragt habe ich es nicht.
Bis jetzt konnte ich mich bei der Kanzlei in sehr vielen Bereichen sehr gut einbringen. Habe einiges optimiert und insgesamt haben mir meine Chefs den Eindruck vermittelt, dass sie sehr glücklich sind, dass ich da bin und in vielen Angelegenheiten denen den Rücken freihalte.
Jetzt habe ich neulich zufällig erfahren, dass die Kanzlei eine Steuerberaterin im ersten Jahr nach der Bestellung (ohne Zusatzqualifikationen, mit weniger Berufserfahrung, deutlich kleinerem Aufgabenkreis und viel besserem Work-Life-Balance) für eine um mehr als 20% höhere Entlohnung (k 92,5) angestellt hat. Die Kollegin ist im gleichen Team tätig und ist paar Monate länger als ich dabei im Team.
Bis jetzt habe ich keine Gehaltsanpassungsgespräche geführt – auch bei früheren Arbeitgebern nicht. Irgendwie hatte ich immer Glück mit den Arbeitgebern und wurde immer gut bezahlt, ohne dass ich dafür verhandeln musste. In diesem Fall aber wollte ich meinen Arbeitgeber auf mein Gehalt ansprechen. Meine Frage nach einem Personalgespräch wegen Gehaltsanpassung hat mein Chef mit „Sprechen wir nach dem WP“ sehr lieb und empathisch beantwortet. Also – nächstes Jahr. Früher werde ich ja nicht bestellt…
Es ist irgendwie seltsam, eigentlich Gehalt als solches war nie mein Prio 1. Und im Übrigen bin ich in der Kanzlei zufrieden. Dennoch dieser Gehalts-Gap von über 20% bzw. 23,33% (um präziser zu sein) gefällt mir irgendwie gar nicht. Ich weiß ehrlich gesagt nicht, was ich da machen soll. Abwarten bis ich als WP bestellt werde? Die Problematik noch mal und sehr direkt ansprechen? Wie würdet ihr mit so was umgehen?
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