Liebes WiWi-Forum,

Folgende Situation:
Ich habe sowohl Bachelor als auch Master im Bereich der Medizintechnik gemacht. Der Master gehörte zwar auch in diese Branche, war aber deutlich Management und Marketing-lastiger.

Aktuell habe ich die Möglichkeit, direkt zum Berufseinstieg in den Bereich der Erneuerbaren Energien zu wechseln und dort eine Vertriebsposition zu besetzen. Das finde ich spannend, weil ich zum einen sehr hinter den zu verkaufenden Produkten und Dienstleistungen stehe. Zum anderen arbeitet ein Freund dort und ich weiß seit Jahren von ihm, dass das Unternehmen ein ausgesprochen angenehmer Arbeitgeber sein soll. Ich habe also wirklich Lust auf diesen Schritt und mich aus komplett eigener Motivation auf die Stelle beworben.

Nun meine Frage:
Sollte es passieren, dass dieser Quereinstieg sich aus irgendeinem Grund doch als "Fehler" herausstellt, habe ich dann meine Chance vertan, doch noch in der Medizintechnik-Branche durchzustarten?

Vielleicht ist die Frage etwas banal für Menschen, die mehr Berufserfahrung haben. Ich komme jedoch aus keinem Akademikerhaushalt, der mir bei dieser Frage helfen könnte. Meine Eltern haben beide ihr Leben lang im selben Betrieb gearbeitet, sodass ich auf keine Erfahrungswerte von ihnen zurückgreifen könnte, was gewisse Karriereschritte angeht.

Deshalb würde ich mich freuen, wenn ihr mir eure ehrlichen Meinungen und Einschätzungen mitteilen würdet. Das könnte mir gerade sehr helfen.

Viele Grüße

Hi,
da bisher keiner geantwortet hat, versuche ich dir hier mal zu helfen:

1. Du hast 0 Berufserfahrung, in der Hinsicht wechselt du nicht die Branche. Du bist auch noch in keiner Branche.

2. Der Zug ist nie "abgefahren", vor allem, weil es sich um einen Vetriebsjob handelt. Im Vertrieb arbeiten alle möglichen Leute, ob du jetzt Vertrieb für irgend eine Solarfirma machst, oder irgendwelche medizintechnischen Maschinen, ist eigentlich wurscht.

3. Studium ist nicht = Ausbildung. Ich komme selbst aus einem Arbeiter-Sowjet-Haushalt und als ich studiert habe, hat man mich gefragt, "wen ich studiere" und nicht "was ich studiere". Sprich, was ist man danach? (Kaufmann, Ingenieur, ect.). Das gilt für deutsche Studiengänge nur bedingt. Selbst mit deinem Medizintechnik-Studium könntest du, was weiß ich, von Maschinenbau bis Informatik wahrscheinlich überall einsteigen. Klar, dein "Branding" a la Medizintechnik hilft dir eben in der Medizintechnik/Pharma weiter, aber wie gesagt, du kannst dich auch sonst überall auch bewerben, solange du halt begründen kannst, warum.

4. Wie alle jungen Menschen, hast du wahrscheinlich zu wenig Erfahrung und machst dir einfach zu viel Kopf. Es gibt in Deutschland wahrscheinlich genau 2 Berufswege (Banking M&A, McKinsey-Unternehmensberatung), wo man lebenslauftechnisch eine Checkliste durchläuft (ggfs. noch High-Level-Beamtentum), von mir aus Spitzensport (Natur der Sache). Für alle anderen Branchen ist das wurscht. Stell dir vor ich bin Unternehmen XYZ, ich habe eine Stelle offen, für die ich XYZ brauche, von mir aus, eine Trainee-Stelle. Wenn du nicht gerade 45 bist und langsam auf die Rente zugehst, ist es mir persönlich wurscht, ob du jetzt 25 oder 35 bist, wenn du dich auf diese Trainee-Stelle bewirbst. Anmerkung: Ich kenne hierbei jedoch auch den ein oder anderen, der bei MBB mit Mitte 30/Anfang 40 den Einstieg gemacht hat (PhD, Prof., ect.) als Spezialist.

5. Ich war selbst vorher in jeweils verschiedenen Rollen im Automotive (großer deutscher Autobauer), dann im LEH (größter deutsche Discounter) und bin dann in der Wirtschaftsprüfung (Big4/Next10) gelandet und heute als StB/WP in eigener Kanzlei.

Du wechselst nicht die Branche, du machst einen Berufseinstieg.

WiWi Gast schrieb am 02.05.2024:

Du wechselst nicht die Branche, du machst einen Berufseinstieg.

Genau! So viel brainfuck einfach machen