Lounge Gast schrieb:
Hallo,
werde im Herbst ins Berufsleben starten und informiere mich
daher gerade auch über Themen wie meine Altersvorsorge. Ich
bin daher gespannt auf Eure Meinungen:
Vermögenswirksame Leistungen: Gibt es einen Grund wann sich
diese NICHT lohnen?
Wie bereits geschrieben: mitnehmen was geht. Am besten sind natürlich die Dinge, wo man keinen Eigenanteil leisten muss, um in den Genuss der Förderung durch den AG zu kommen.
Vermögenswirksame Leistungen sind meist nur ein paar EUR pro Monat. Große Sprünge wird man in der Altersvorsorge damit kaum machen.
Pensionszusage gegen Entgeltumwandlung: Welche Vorteile habe
ich von einer zusätzlichen Umwandlung meines Gehalts? Wie
kann ich berechnen wie groß mein steuerlicher Vorteil
ausfällt? Welche Nachteile seht ihr hierbei?
Informiere dich bitte über die verschiedenen Möglichkeiten, die unter dem Oberbegriff "betriebliche Altersvorsorge" zusammengefassst werden. Da gibt es verschiedene Varianten. Außerdem ist wieder wichtig, welche davon dein AG anbietet. Diverse größere Unternehmen führen die Beiträge an Pensionskassen ab, die dann das Vermögen verwalten. Pensionskassen sind spezialisierte Vermögensverwalter und das Risiko erscheint mir hier geringer als bei einer direkten Pensionszusage durch den AG.
Die Entgeltumwandlung hat zugleich Vor- und Nachteile.
Zunächst gibt es gesetzlich geregelte Freibeträge. Für 2016 sind das 2.968 EUR pro Jahr. Bis zu diesem Betrag bezahlst du auf das für bAV umgewandelte Gehalt weder Lohnsteuer noch SV-Beiträge. Das führt dazu, dass die Auswirkung auf das Nettogehalt absolut geringer ist. Die exakte Belastung hängt wiederum von folgenden Dingen ab:
Bei der Einkommensteuer sowie den daran bemessenen Abgaben (SoliZ und ggf. Kirchensteuer):
Entsprechend des deutschen Einkommenssteuertarifs mit doppelter Progressionszone und Spitzensteuersatz von 42% ergibt sich für dein Gehalt ein konkreter Grenzsteuersatz. Dieser Grenzsteuersatz entspricht zugleich deiner prozentualen Steuerersparnis. Ab ~55.000 EUR zu versteuerndes Einkommen p.A. ist der Grenzsteuersatz bei Einzelveranlagung = Spitzensteuersatz = 42%. Liegt dein Einkommen also oberhalb reduziert sich deine Einkommenssteuerlast bei jedem in bAV umgewandelten Euro folglich um 42% plus (bezogen auf den Einkommensteuerbetrag) 5,5% SoliZ (plus ggf. 9 oder 10% Kirchensteuer minus abzugsfähige Sonderausgaben für die Kirchensteuer).
Bei geringerrn Einkommen liegt der Grenzsteuersatz irgendwo zwischen 0% und 42% und folglich fällt der Steuereffekt geringer aus. Als Gutverdiener ist man also hier zunächst bevorteilt.
Man muss dann noch darauf hinweisen, dass das ganze nur eine Stundung der Steuerzahlung ist, denn ist der Auszahlungsphase im Alter sind die gezahlten Renten voll steuerpflichtig. Ob man hierdurch wirklich einen Vorteil erlangt, hängt davon ab, wie die Steuertarife in 30+ Jahren aussehen und da hilft nur der Blick in die Glaskugel.
SV-Beiträge:
Bis 2.968 EUR Jahressumme ist die Entgeltumwandlung für die bAV zusätzlich von SV-Beiträgen befreit, d.h. vom umgewandelten Gehalt werden keine Sozialversicherungsbeiträge abgezogen. Folglich spart man dann bestenfalls pro umgewandelten Euro ca. 20% SV-Beiträge.
Ein echter Vorteil ist das allerdings nur, wenn das eigene Einkommen unter den jeweiligen Beitragsbemessungsgrenzen liegt. Verdient man mehr, spart man so oder so keine SV-Beiträge durch die Entgeldumwandlung.
Über die 2.968 EUR hinausgehend kann man weitere 1.800 EUR umwandeln. Diese sind nur steuerfrei, aber nicht SV-frei. Das lohnt sich m.M.n. eigentlich nur, wenn das eigene Einkommen ohnehin oberhalb der Beitragsbemessungsgrenzen liegt.
Die Einsparung von SV-Beiträgen wird allerdings von einigen Leuten auch als Nachteil angesehen. Deren Argumentation ist, dass man durch die Entgeltumwandlung weniger Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung zahlt und folglich weniger Rentenansprüche erwirbt. Meine Meinung dazu: ob und wieviel diese Ansprüche in Form von Entgeltpunkten in 30+ Jahren noch wert sind, kann ebenfalls nur die Glaskugel beantworten. Ich denke, wenn man als zweites Standbein neben der Umlagefinanzierung noch eine kapitalfinanzierte Rente erhält, streut man das Risiko insgesamt besser.
Ein weiterer Nachteil ist, dass - sofern man im Rentenalter gesetzlich krankenversichert ist - nach gegenwärtiger Gesetzeslage auf bAV-Renten auch Krankenversicherungsbeiträge fällig werden. Mangels AG-Beiträgen zahlt man diese Beiträge komplett aus eigener Tasche. Statt 8,x% werden von der bAV-Rente also gleich mal 16,x% abgezogen für die KV + Pflegeversicherung abgezogen.
Ob sich die bAV renditemäßig lohnt, hängt zudem davon ab, ob der AG einen Anteil hinzugibt oder nicht.
Ein genereller Nachteil der meisten bAV-Formen ist, dass das Geld im Grunde bis zum Renteneintritt fest liegt und nicht oder nur unter erheblichen Einbußen vorab verfügbar ist. Plant man bspw. den Erwerb eines Eigenheims, das auch eine Art Altersvorsorge sein kann, sollte man definitiv noch andere flexiblere Sparformen (Tagesgeld, Festgeld, ETF, Aktien) in Erwägung ziehen, die man dann natürlich aus dem Nettogehalt besparen muss.
VG!
Viel Erfolg beim Berufsstart und dem Einlesen.
PS: Du hast bestenfalls 40+ Jahre Zeit zum Vermögensaufbau. Altersvorsorge ist zwar wichtig, aber nicht _soo_ wichtig, dass man dem bereits in den ersten 1-3 Berufsjahren alles komplett unterordnen muss.
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