WiWi Gast schrieb am 10.02.2023:
an alle Vorposter: wie alt seid ihr und wie gross ist euer Depot?
Sind Anleihen was fuer junge Leute (20er / 30er), die gerade mit dem Investieren loslegen und viel Zeit am Aktienmarkt haben?
38, 600k und ich würde sagen es lohnt sich zwar, wenn man sich früh mit Anleihen beschäftigt, weil es einfach n ganz anderes Business als Aktien ist und man sonst kaum etwas darüber erfährt.
Andererseits, um mal eine Zahl in den Raum zu werfen: Bei einem Portfoliowert kleiner 100k und einem Anleiheteil von weniger als 50k ist es mit der Diversifizierung halt echt schwierig. Wenn man es macht sollte man halt eher konservativ unterwegs sein, was Kreditrisiken angeht.
Zum einen macht eine Position meist erst so ab 5k Sinn. Schlicht wegen der Ordergebühren. TradeRepublic und die ganzen Spaßbuden bieten da kaum was an. Bei Fälligkeit entfällt zwar die Ordergebühr (ist ja kein Verkauf) aber trotzdem...
Wenn man von 5k ausgeht und man hat nur sagen wir 4 Titel und einer fällt aus - zack 25% des Portfoliowertes weg. da müssen die anderen drei schon nen mächtigen Kupon bzw je nach Betrachtungsweise YTM haben, um das in einem vernünftigen Zeitraum auszugleichen.
Aber klar, wenn man nicht gerade den letzten Junk kauft, dann ist die Wahrscheinlichkeit eines harten Defaults eher gering (aber halt da!). Das Diversifikationsargument greift trotzdem. Ich war nach der Finanzkrise bis zur Eurokrise und auch danach hauptsächlich in HY Govis unterwegs. Island, PIGS, Zypern, Jamaica, Libanon, Argentinien, Venezuela, Bahamas, you name it. Da geht halt schon über die Jahre mal was hops. Argentinien und Griechenland zum Beispiel. Muss man mit umgehen können bzw. das Portfolio muss so gebaut sein, dass das einkalkuliert ist und dafür braucht man ne gewisse Größe. Seit der Nullzinspolitik wurde es immer schwieriger da was vernünftiges zu finden. Vor allem weil das, was neu emittiert wurde niedrige Kupons hatte. Aber Türkei kauf ich halt lieber mit 12% Kupon. Wenn das 4 Jahre gut geht, hab ich knapp 50% der Kohle schon mal wieder raus. Man fällt bei nem Default weicher. Bei 4% sieht das anders aus.
Corporates find ich persönlich sehr schwierig. Da kauf ich allerhöchstens mal die oben schon genannten Namen wie VW und andere Namen, wo man sich naiv denkt: Die werden in den nächsten 2-5 Jahren schon nicht pleite gehen. Ist das ne seriöse Due Diligence? Nein.
Macht es Sinn Anleihen zu kaufen, wenn man mit dem Investieren anfängt? Ich würde sagen nein. Auf die Gefahr hin, dass das jetzt abgehoben klingt: Ich würde sagen Anleihen (wie wir es hier besprechen, also nicht die Hold to Maturity Bundesanleihe) sind etwas für erfahrene Anleger, die ihr Wissen/Anlagespektrum erweitern wollen. Da würde ich immer sagen: Bevor man sich fancy Optionsscheiß anschaut, lernt die bodenständige Zockerei ;)
Wenn jemand anfangen will zu investieren und ein bisschen was spart dann halt echt immer das langweilige: ETF, Aktien, MSCI World, be happy. Wenn Du Interesse und vielleicht Spaß dran findest kann man weiter sehen. Oder eben wenn das Portfolio größer wird und man nicht die ganze Kohle im MSCI World, also in ner handvoll Techtitel in den USA haben will [Das ist eine Übertreibung, nehmen Sie nicht alles ernst, was ich schreibe - bitte weiterlesen], dann...
Aber im Ernst, wenn man sich irgendwann unwohl fühlt mit starken absoluten Schwankungen im Portfolio, dann kann FI halt Stabilität rein bringen und bei einer Zusammenstellung von high Kupon Bonds über die Stückzinsen so einen netten stetigen Trend.
Und diese Diversifizierung funktioniert das obwohl die klassische Equity vs FI story zur Diversifizierung ja tot ist, weil die Klassen häufiger als früher positiv korreliert sind. Die (Geld)flut treibt alle Boote hoch und die Ebbe senkt sie auch wieder. Von Diversifizierung in Commodities halte ich (ganz persönlich) dagegen gar nix, weil ich ungerne Assets halte, die nichts erwirtschaften. Also Anteile an Unternehmen, die Gewinne erwirtschaften oder eben Kredite an solche Unternehmen (Staaten), wo mir die Kredite eine regelmäßige Zahlung bringen. Öl und Gold sind einfach nur da und schauen dumm aus der Wäsche, machen nix. Finden sie viele gerade toll sind sie viel wert, haben die Leute gerade die Schnauze von voll wenige. Not my Business. Aber das ist ne andere Frage. Wollte nur erklären, warum ich zur Diversifikation eher Richtung Bonds gehe als dort hin.
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