Trainee mit 31
Hallo Freunde,
gerne würde ich Euch mal nach Eurer Meinung zu etwas fragen. Es geht um Folgendes:
Vor etwa 3 Monaten habe ich mein Studium beendet und überlege seitdem intensiv wie es nun am besten für mich weitergeht. Grundsätzlich mache ich mir um meine Zukunft keine allzu großen Sorgen, aber eines nagt bisweilen an mir. Ich schildere Euch kurz meinen beruflich relevanten Werdegang.
Meine Eltern haben sich in meiner Jugend getrennt. Anschließend hat meine Mutter X-Mal den Wohnort und ich demzufolge die Schule gewechselt. Meine schulischen Leistungen sind entsprechend in den Keller gerasselt. Mit 17 hatte ich gerade mal einen (miserablen) Hauptschulabschluss - ca. 3 Jahre vorher gehörte ich im Gymnasium noch zu den Klassenbesten. Na ja, ich hatte dann alle möglichen Probleme, die man in dem Alter halt so haben kann...schlussendlich habe ich mit rund 20 meinen Realschulabschluss an der VHS nachgeholt gehabt - nebenher 3 Jahre intensiv gejobbt. Dann habe ich mein Abi nachgeholt (auch nebenher täglich gejobbt), mit 23 hatte ich es. Dann habe ich ein Jahr Soziologie, Lateinamerikanistik und Ethnologie studiert. Mit 24 habe ich angefangen VWL zu studieren. Nach 12 Semestern (=Fakultätsdurchschnitt) fertig. Nun ja, nun frage ich mich wie es weitergeht. Seit etwa einem Jahr und noch bis Jahresende 2008 arbeite ich Teilzeit bei einer Unternehmensberatung (habe während Diplomarbeitschreiben dort angefangen). Der Job ist spannend, aber Unternehmensberatung nicht meine Zukunft.
Ich würde gerne bei einer Bank (mein Studienschwerpunkt) eine Trainee-Stelle belegen oder bei der GTZ (oder einer ähnlichen Organisation) in ein Nachwuchsprogramm reinrutschen. Um das rauszufinden, werde ich in ein paar Wochen ein Auslandspraktikum bei einer etablierten Entwicklungsorganisation absolvieren und anschließend ein paar Monate in Lateinamerika (Chile) ein Bankpraktikum machen. Danach sollte ich besser wissen, was das Richtige für mich ist. Meine Angst ist nur: Nach Beendigung dieser beiden Praktika, die in der Summe rund 9 Monate dauern, werde ich ca. 31 1/2 sein und ich habe ein bisschen Angst, dass ich dann "zu alt" für ein klassisches Nachwuchsprogramm, wie etwa ein Traineeprogramm, bin.
Wie Ihr gesehen habt, habe ich in den letzten ca. 10 Jahren absolut nicht "getrödelt" oder dergleichen. Dazu spreche ich fließend drei Sprachen (Englisch, Spanisch, Deutsch), habe zwei anspruchsvolle Auslandspraktika und ein sehr gutes Arbeitszeugnis von meinem Chef bei der Beratung. Mein Notendurchschnitt (2,1=Top 30%) ist über dem Fakultätsdurchschnitt (2,6) und meine Fakultät (Bonn) gilt so mit als die Beste in Deutschland. Meine Diplomarbeit war auch ganz gut (1,7), sie wurde sogar von einem Fachverlag aufgekauft und erscheint bald als wirtschaftswissenschaftliches Fachbuch, außerdem durfte ich dazu einen Gastkommentar in einer Fachzeitschrift schreiben. Trotz all dieser positiven Aspekte habe ich Angst, nicht das für mich Passende zu bekommen!
Was meint Ihr, mache ich mir zu Unrecht Sorgen? Sollte ich vielleicht besser nur ein Praktikum machen, z.B. nur das Bankpraktikum und mich dann direkt bewerben? Andererseits halte ich beide Praktika für sehr interessant, bereichernd, anspruchsvoll und sie befinden sich in zwei unterschiedlichen Sprachräumen. Außerdem würde ich mir theoretisch sowohl die Option für eine Bewerbung im Finanzsektor als auch im Entwicklungshilfebereich offenlassen. Und 31 wäre ich sowieso, egal, ob nun ein oder zwei Praktika. Außer, ich würde gar keine Praktika anpeilen und mich direkt bewerben, dann wäre ich bei Aufnahme 30. Das möchte ich aber nicht, da ich mich auf die oder zumindest das Praktikum schon lange freue und sie auch für sinnvoll halte.
Soweit ich weiß, beendet der deutsche Durchschnittsstudent sein (Diplom-) Studium mit etwa 27 – 28. Nach dieser http://www4.kienbaum.de/shopweb/index.aspx?action=show_product_detail&product=63 Studie liegt das Durchschnittsalter eines Trainees in Deutschland bei Aufnahme zwischen 26 - 28. Die Unternehmen geben als "Wunschalter" 29 - 31 Jahre an. Na ja, what ever. Schaut man bei diversen Unternehmen in die "Trainee-Bedingungen", so variiert die dort angegebene Altersgrenze, sofern überhaupt eine angeben ist. Meist liegt sie bei 32. Also, viel Theorie, viel Spekulation...interessant wäre:
Es muss doch praktische Erfahrungen von Leuten geben, die in einer ähnlichen Situation wie ich sind oder waren, sprich die mit 30 - Anfang 30 den "richtigen" Berufseinstieg gesucht haben..., die also etwa 2-4 Jahre älter als der deutsche Durchschnittsabsolvent waren - aus welchem Grund auch immer (zweiter Bildungsweg, Kinderpause, Studienwechsel, etwa länger studiert, etc.).
Aktuell mache ich mir keine übersteigerten Sorgen wegen meinem Alter. Aber ein bisschen entspannter fühlte ich mich schon, wüsste ich, dass es, bei entsprechenden Qualifikationen, mit 31 kein größeres Problem darstellen sollte, eine adäquate Stelle zu finden. Vielleicht betreibe ich auch etwa Haarspalterei, ich weiß es nicht, aber irgendwie wird man heutzutage ja auch ein bisschen verrückt gemacht vom "Anforderungshype".
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